DIE KARL-FOERSTER-STIFTUNG TRAUERT UM IHR KURATORIUMSMITGLIED PROFESSOR URS WALSER.

Walser war von 1982 bis 1997 Leiter des Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof, galt als einer der Begründer des „New German Style“ und war von 1998 bis 2009 Inhaber des Lehrstuhls für Pflanzenverwendung in der Landschaftsarchitektur an der Universität Dresden. 

 

Urs Walser wird 1944 in Zürich in eine Studentenehe geboren. Erste prägende Lebensjahre verbringt er auf dem Land, im idyllischen Maschwanden im Kanton Zürich, wo seine Mutter als Dorfschullehrerin reges kulturelles Engagement entfaltet. Sie organisiert Lesungen, Konzerte und Kunstausstellungen und bindet die Kinder in die Gestaltung des Schul- und Pfarrgartens nach Foersterschen Ideen ein. Eine intensive gartenbaulich-botanische Lernphase beginnt mit seiner Gärtnerlehre bei Carl Frikart in Stäfa am Zürichsee, der damals führenden Staudengärtnerei der Schweiz, und findet ihre Fortsetzung als Lehrling in der französischen Schweiz und in einem Galabaubetrieb in Zürich. Er begeistert sich für Ittens Farblehre und dessen Vorkurs am Bauhaus und macht botanische Exkursionen in die schweizerische Bergwelt. Selbst beim Militärdienst lässt er, statt Wache zu stehen, in einem unbeobachteten Augenblick die Waffe liegen, um mit Bestimmungsbuch und einem gleichgesinnten Kameraden die blühenden Hochgebirgsmatten zu erkunden. Willi Neukom und Ernst Baumann, damals tonangebende Schweizer Landschaftsarchitekten, in deren Planungsbüros er in den Semesterferien arbeitet, hinterlassen weitere bleibende Spuren seiner Schweizer Jahre.

Zum Studium geht Walser nach Deutschland in die Ingenieurschule für Gartenbau in Weihenstephan (heute Hochschule Weihenstephan-Triesdorf). Das Studium schließt er 1970 als Diplom-Ingenieur ab. In Weihenstephan wird er vor allem von Professor Richard Hansen und dessen besonders für die heutige Staudenverwendung prägendes Prinzip der Lebensbereiche beeinflusst. Walser ist unzufrieden mit dem Aufbau des Studiums, insbesondere dem der gestalterischen Fächer. Diese empfindet er als bieder und unbefriedigend ­­– er hatte sich eine stärkere Ausrichtung an Bauhausidealen gewünscht. Dass er diese Kritik äußert, führt zu einer Mitgestaltung von Lehrveranstaltungen und einem lebendigen und konstruktiven fachlichen Austausch mit Hansen, der bis zu dessen Tod anhält.

Nach dem Studium arbeitet Walser zunächst als Redakteur der von Professor Hermann Mattern herausgegebenen Zeitschrift „Grün. Das Gartenmagazin“, bevor er von 1973 bis 1977 im Planungsbüro des Landschaftsarchitekten Professor Hans Luz in Stuttgart tätig wird. Dort tritt er insbesondere durch die Planung und Bauleitung des pflanzlichen Teils der Bundesgartenschau 1977 das erste Mal vor einem größeren Fachpublikum in Erscheinung. Im gleichen Jahr macht er sich mit seinem eigenen Planungsbüro als Landschaftsarchitekt selbstständig. In dieser Tätigkeit plante er zunächst zahlreiche Hausgärten. Später übernimmt er zahlreiche Planungsaufträge für Teilbereiche von internationalen Gartenbauausstellungen und Bundes- und Landesgartenschauen (IGA München 1983, IGA Stuttgart 1993, BUGA Dortmund 1991, BUGA Cottbus 1995, LGS Augsburg 1985, LGS Ingolstadt 1992). Besonders seine Gestaltung der Staudenpflanzungen auf dem Killesberg fanden als eine wichtige Pflanzung des „New German Styles“ bleibende Anerkennung.

1981 bekommt Walser die Möglichkeit, mit dem Neuaufbau und ab 1983 der Gesamtleitung des Schau- und Sichtungsgartens Hermannshof in Weinheim als einer der Ersten in Deutschland Hansens Prinzip der Lebensbereiche in einer gestalterisch und ästhetisch anspruchsvollen Weise umzusetzen. Der Neuaufbau geschieht auf der Grundlage eines Gutachtens von Richard Hansen. Das beinhaltet die Umwidmung des Privatgartens der Familie Freudenberg in einen Schau- und Sichtungsgarten nach dem Prinzip der Lebensbereiche, für den Hans Luz die Umgestaltung und Urs Walser die Bepflanzung des Gartens entwickelt. Dieser damals wegweisende Ansatz machte Walser zu einem der Vorreiter einer naturnahen, ästhetisch anspruchsvollen und bis heute zunehmend wissenschaftlich begründeten Pflanzenverwendung, die Anfang der 90er-Jahre auch international an Einfluss zu gewinnen beginnt.

Urs Walsers sowie Rosemarie Weisses Vortrag auf der Konferenz der Gruppe „Perennial Perspectives“ 1994 in Kew Gardens gilt heute als eine der Initialzündungen für die Verbreitung des Prinzips der Lebensbereiche in England. Hansens und Stahls Werk „Die Stauden und ihre Lebensbereiche“ war bereits ein Jahr zuvor ins Englische übersetzt worden. Nun fanden viele der damaligen englischen Fachgrößen und die Fachpresse in den Pflanzungen Weisses und Walsers erstes Anschauungsmaterial der Möglichkeiten einer ästhetischen Umsetzung dieser Prinzipien. Urs Walser gilt damit neben Rosemarie Weisse und Hans Simon als einer der Begründer des später so genannten „New German Style“, einer deutschen Art der Staudenverwendung,  die die Einstellung zur Garten- und Landschaftsarchitektur in England revolutionierte, wie Christopher Bradley-Hole schrieb.

Heute zählt der Hermannshof, der als wissenschaftliche Einrichtung durch die Trägerschaft des 1979 gegründeten gemeinnützigen Vereins „Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof“ geführt wird, zu den bedeutendsten Anlagen der Staudenverwendung nach Lebensbereichen in Deutschland. Walsers Schaffen, seine gestalterischen Ideen und seine Pflanzenverwendung sind nach Aussage des Gartenleiters Prof. Cassian Schmidt bis heute für die Anlage relevant. Schmidt würdigt im Gespräch Walsers großes Verständnis für Pflanzen, ihre standortgerechte Verwendung, sowie sein feinsinniges und sensibles Gespür für Gestaltung, Form und Farbe. Walser hatte die Leitung des Gartens bis 1997 inne.

1998 wurde Walser als Professor für Pflanzenverwendung an die Technische Universität Dresden berufen. Die folgende Lehr- und Vortragstätigkeit spiegeln viele der Einflüsse um Richard Hansen, sein Schaffen im Hermannshof sowie die Gestaltung seiner zahlreichen weiteren Pflanzungen wider. Von Kollegen und Studenten, die ihm begegnet sind, wird stets sein großes fachliches Können, seine Freundlichkeit und Fürsprache und ansteckende Begeisterungsfähigkeit für das Fach hervorgehoben.

Walser gehörte seit 1988 dem Kuratorium der Karl-Foerster-Stiftung an, das er mit seiner zurückhaltend-konstruktiven Art und seinem Fachwissen bereicherte.

Walser pflegte ein inniges Verhältnis zur Musik, auch in seinen Pflanzungen fand sich eine fein komponierte Harmonie der Formen, Textur und einer mitunter betörend und doch ausgewogenen Farbigkeit. Aus der Ehe mit seiner Frau Sigrid, selbst Cembalistin und Pianistin, gingen vier Kinder hervor.

Urs Walser wird als einer der Begründer des „New German Styles“, als einer der wichtigsten Vertreter der Staudenverwendung nach Lebensbereichen und als Professor in Dresden in Erinnerung bleiben. Dass sich die Ideen von Richard Hansen in der Praxis etablieren konnten, ist nicht zuletzt ein Mitverdienst von Walser, da er es vorzüglich verstand, die Gedanken seines Lehrers in der Praxis in gestalterisch anspruchsvollen und beeindruckenden Pflanzungen umzusetzen und weiterzuentwickeln.

Die Karl-Foerster-Stiftung für angewandte Vegetationskunde wird Professor Urs Walser, seine Verdienste um die Pflanzenverwendung und seine Rolle als Hochschullehrer stets in ehrendem Gedenken halten. Walser verstarb am 9. April 2021 im Alter von 76 Jahren.

Tobias Walser

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