Die Gattung Bergenie hat in der großen Palette der Staudenzüchtungen Karl Foersters keine herausragende Rolle gespielt. Die vielen erprobten Eigenschaften dieser Gartenpflanze haben ihn nur am Rand zu züchterischen „Veredlungsversuchen“ angeregt.
Dr. Konrad Näser
Er hat sie wohl mehr als eine Staude aus „Großmutters Zeiten“ eingeordnet. Bekannt wurde aber dennoch seine Bergenia-Hybride ‚Schneekönigin‘, die 1959 die Zulassung zum Handel bekam. Schon vorher (1957) hat er die Bergenia cordifolia ‚Robusta‘ als eigene Auslese bezeichnet, ohne sie in den Rang einer Sorte zu erheben (Original-Schreibweise von 1957: Bergenia cordifolia robusta).
Das besondere Interesse Karl Foersters an Bergenien begann erst wenige Jahre vor seinem Tod, gefördert durch die Mitarbeit von Gärtnermeister Paul Bolz und Diplomgärtner Dr. Konrad Näser. Damals wurde überwiegend mit Sämlingen aus dem großen Formenkreis von Bergenia cordifolia gearbeitet. Nach Jahren sorgfältiger Sichtungsarbeit gelang als erstes die Zulassung der Bergenia-Hybride ‚Purpurkönigin‘ (1972), es folgten ‚Morgenlicht‘ (1976), ‚Rosette‘ (1979), Frühlingsfreude (1982), ‚Flamingo‘ (1984) und ‚Schneekuppe‘ (1985).
„Zulassung“ bedeutete in der DDR: Die Neuzüchtung wurde bei der Zentralstelle für Sortenwesen (ZfS) in Nossen angemeldet und mindestens zwei Jahre an mehreren Standorten auf ihre Eigenschaften und ihre „Selbständigkeit“ (von allen bisherigen Sorten deutlich unterscheidbar) geprüft. Diese Prüfungen und die Auswertung wurden von einer von der ZfS berufenen Gruppe von Züchtern und Praktikern vorgenommen. Erst danach bekam die neue Sorte eine „Zulassung zum Handel“.
Von der Handelszulassung bis zur Aufnahme als Neuzüchtung in den Katalog konnten weitere Jahre vergehen, je nach Auflagerhythmus des Kataloges. In der Praxis bürgerte sich ein, die Aufnahme in einen Verkaufskatalog als „Züchtungsjahr“ zu bezeichnen, obwohl die Sorte eventuell schon 5 bis 8 Jahre vorher vorhanden war.
Kürzlich erreichte mich über Frau Prof. Jeong-Hi-Go eine Anfrage von Gary Mentanko aus Irland (J.F. Kennedy Memorial Arboretum) mit der Frage nach der Bergenia-Sorte ‚Rosette‘. Sie war 1972 in einem Sortenvergleich bei Bergenien in der Prüfstation in Boskoop (NL) enthalten und erhielt damals eine gute Bewertung. Ihre Herkunft aber blieb unbekannt. Gary Mentanko vermutete, dass es sich um die Foerster-Sorte ‚Rosette‘ handelte.
Ein Foto-Vergleich der Blätter und Blüten ergab jedoch, dass es sich nicht, wie ursprünglich angenommen, um die evt. noch vor der „Handelszulassung“ vorzeitig nach Boskoop gelangte Foerster-Sorte handeln konnte. In der Gärtnerei Foerster in Bornim wurde um diese Zeit züchterisch nur mit Bergenien vom „Cordifolia-Typ“ gearbeitet. Die Prüfpflanzen in Boskoop gehörten aber eindeutig in den Formenkreis von Bergenia purpurascens var. delavayi. Die im Prüfbericht abgebildeten Blatt-und Blütenformen sowie die Winterfärbung der Blätter auf einem späteren Foto lassen keine andere Deutung zu. Von welchem Züchter die damalige Sorte ‚Rosette‘ stammt, bleibt ungeklärt. Es sind auch Namensvarianten wie ‚Rosetta‘ und ‚Rossetta‘ in Umlauf.
Bergenien haben in den letzten Jahren deutlich an Beliebtheit und Gartenwert zugenommen. Sie wurden 2017 in Deutschland sogar zur Stauden des Jahres gekürt. Auch die Bergenien-Züchtung ist inzwischen deutlich voran gekommen. In mehreren Betrieben, besonders in der Gärtnerei Eskuche, aber auch in England und in der Schweiz ging die Züchtung neue Wege. Die Rotfärbung der Blätter im Winter, niedriger Wuchs und eine zweite Blüte im Herbst standen im Vordergrund. Die Bornimer Züchtungen, einige nun schon fast ein halbes Jahrhundert alt, verschwanden bis auf ‚Schneekönigin‘ und ‚Rosette‘, aus den Sortimenten. Heute dominieren in den Gärtnereien Sorten wie ‚Biedermeier‘ (Eskuche 1985), ‚Bressingham White‘ (Bloom GB 1975), ‚Doppelgänger‘ (Fuß 1992) oder ‚Rote Schwester‘ (Eskuche 1995). Ein Ende dieser Entwicklung ist durch das Einbinden weiterer Arten in die Züchtung noch nicht abzusehen.
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